Margo für Hebammen

 

LESEPROBE aus "Eigentlich wollte ich Kaiserschnitt"

 

Hebammen vor dem AUS?

 

 In einem Zeitungsartikel las ich vor kurzem, dass in den kommenden Jahren die berufliche Situation der freiberuflichen Hebamme unzumutbar werden soll. Die Haftpflichtversicherungsbeiträge sind in den letzten 2 Jahren verdoppelt worden. Die Krankenkassen bezuschussen pro Hausgeburt etwa 25% der Kosten, wobei die Unkosten der Klinikgeburt zu 100% refundiert werden. Wie viel würde eine Hebammengeburt dann kosten, wenn auch die Hebamme ihren Lebensunterhalt bestreiten soll?  

Das würde bedeuten, dass Hausgeburt tatsächlich zu einer „Luxus-Sache“ mutieren würde. Keine Durchschnittsbürgerin würde es sich leisten können, zuhause zu gebären.

Was für eine Entwicklung? Es schreit zum Himmel!

In Zeiten der „Gleichberechtigung“, der Aufklärung über die Rechte der Frauen, dürfte so etwas überhaupt nicht mehr Thema sein. 

 

Wie kann es soweit kommen, dass es eine Zukunftsvision gibt, in der keine Hebammen mehr für Hausgeburten zur Verfügung stehen werden, sowie es sich keine mehr leisten kann, als  Beleghebamme mit ins Krankenhaus zu fahren, um die Gebärende individuell zu begleiten?

            Das heißt, die Frauen müssen sich entscheiden, ob sie zuhause bei einer Alleingeburt zurechtkommen können oder in ein Krankenhaus zu einer Kontrollentbindung gehen. Auch zur Nachsorge würde dann keine Hebamme mehr die Wöchnerin heimsuchen. Dies müsste dann wohl auch im Krankenhaus von statten gehen.

 

DAS IST DIE WAHL? DAS IST DIE ZUKUNFT?

 

Haben die Frauen das so gewollt?

 

Ist denn hier niemand in den Parlamenten, den Ministerien, denen auffällt, dass da etwas völlig aus dem Ruder läuft?

Sind es auch hier Industrie und Wirtschaft, die davon profitieren?

Mehr Kontrolle bedeutet mehr Fachpersonal. Ist so eine Entwicklung nicht wahnsinnig riskant? Bei so vielen Fachleuten, gibt es da auch einen, der die Übersicht hat? Wer leitet und kontrolliert denn diesen Haufen? Und, was passiert denn, wenn einer ausfällt?

 

Mal ganz offen:

Hebammen waren und sind doch stets die guten Geister der Frauen. Die Hebamme war immer schon mehr, als bloß die, das Kind „herausgehoben“ hat.

In vielen Kulturen werden sie als „Schamaninnen“, als „Heilerinnen“, als „Weise Frauen“ angesehen. Nicht zu Unrecht, wie ich meine.

Denn in diesem Beruf geht es um die Unterstützung der Frau, vor während und nach der Geburt der Kinder. Ich möchte sagen, ein Frauenleben lang.

 

Es gab und gibt nach wie vor auch immer wieder Kurpfuscher darunter. So wie in jedem anderen Bereich sind auch hier mehr oder weniger begnadete, mehr oder weniger ehrliche Menschen am Werk. So wie es damals auch Hebammen gab, die Mutter und Kind mit irgendwelchen Drogen in Lebensgefahr brachten, so gibt es auch heute noch Frauen dieser Berufssparte, die den werdenden Müttern beispielsweise befehlen mit geschlossenem Mund zu pressen, im Liegen zu gebären, oder einen Dammschnitt vornehmen, um die Austreibung unnötig zu beschleunigen.

Es gibt in jedem Beruf qualifizierte, weniger qualifizierte oder besonders qualifizierte Menschen.

 

Zum Beispiel der Hausarzt. Der Herr Doktor Meier, den ein jeder gleich aufsucht, wenn’s wo drückt.  Die Leute sprechen gerne über ihre Krankheiten, ihre Arztbesuche. Und mir fällt eines ganz deutlich auf: nur etwa 10% der Patienten hat das Gefühl, der Arzt würde wirklich langfristig helfen. Die anderen waren frustriert und haben das Vertrauen verloren.

„Antibiotika, Kopfwehtabletten, Schmerzinjektionen, Infusionen, immer dasselbe! Sie wollen einem doch nur alle das Geld abknöpfen!“ Trotzdem konsultieren sie selbigen Arzt wieder und wieder. Viele werden ohnehin zu einem Spezialisten überwiesen.

Manchmal frage ich mich, wollen die Menschen überhaupt, dass etwas richtig  gut funktioniert?

 

Hat man sich daran gewöhnt, niemandem mehr vertrauen zu können?

Und die, die es noch tun, und in ein Krankenhaus gehen, wo sie zuvor in den meisten Fällen keinen hiesigen Arzt, keine Hebamme persönlich je gesprochen haben, vertrauen sie blind?

 

In Zeiten, wo es so viele „Fachtrotteln“ gibt? Was, wenn  ich aus dem „normalen Rahmen“ falle, mein Muttermund sich nicht 1cm pro Stunde öffnet? Was wenn die PDA nur halbseitig Wirkung zeigt? Was, wenn die meinem Kind etwas einflößen, das ich nicht möchte? Was, wenn die Wucht der Wehen mich derart gefangen hält, dass ich nicht mehr in der Lage bin, selbst zu entscheiden?

 

Was, wenn man mich gar nicht fragt, was ICH brauche?

 

Wenn eine Frau sich für eine bestimmte Hebamme entscheidet, zu dieser über Wochen und Monate ein Vertrauensverhältnis aufbaut, säht die damit die

besten Voraussetzungen für ein gutes und befriedigendes Geburtserlebnis.

 

Das soll bald der Vergangenheit angehören?

 

Mit großer Vorfreude dachte ich schon öfters an die Geburten meiner Enkelkinder. Insgeheim hoffe ich, dass ich meinen Kinder in den Stunden der Niederkunft beistehen darf. Keine Frage, dass ich liebend gerne, wenn gewünscht, die Doula machen würde!

 

Wenn ich daran denke, dass meine beiden Mädels jedoch einmal im Krankenhaus ihre Kinder kriegen MÜSSEN, weil es keine erfahrene freiberufliche Geburtshelferin mehr gibt, dann werde ich richtig wütend!

 

Wie sieht das mit dem Kinderkriegen eigentlich aus ohne Hebammen? Wie muss man sich das vorstellen?

 

Eine Hebamme, die künftig Hausgeburten machen möchte, muss nun viel mehr Frauen betreuen, um die erhöhten Pflichtversicherungsbeiträge leisten zu können.

Es macht sicherlich einen Unterschied, ob eine Geburtshelferin 2 - 3 Schwangere im Monat zu betreuen hat, oder 6 – 10.  Sie müsste also mindestens doppelt so viel Zeit dafür aufwenden. Die zu Betreuenden würden gewiss auch qualitative Einbußen haben, denn die Hebamme kann sich nun nicht mehr in aller Sorgfalt um die Frauen kümmern, weniger gezielt auf ihre ganz individuelle Geschichte eingehen.

Außerdem steigt mit der Anzahl der Schwangeren auch die Wahrscheinlichkeit, dass an einem Tag gleich mehrere Kinder geboren werden wollen. Was dann?

 

Dies alles würde unweigerlich dazu führen, dass Hausgeburten nicht mehr die Sicherheit bieten, wie bisher. Das Image der Hebammengeburt würde folglich so sehr darunter leiden, dass sich kaum mehr Mütter dazu entschließen würden.

Und weniger Hausgeburtsmütter bedeuten dann unweigerlich einen verschwindend geringen Bedarf an selbstständigen Hebammen. Und das würde ihnen das endgültig „das Handwerk legen“.

 

Ich bin schockiert. Gleichzeitig bin ich froh, dass ich angesichts dieser Entwicklungen keine Kinder mehr bekommen muss. Ich wünsche mir aus tiefstem Herzen, dass die Frauen begreifen, was hier passiert. Dann würden die meisten laut aufschreien und gegen diese neuen Gesetze protestieren.

 

Die Hebammen sind ein Refugium der Stärke für die Frauen in aller Welt. Nimmt man uns die Hebammen, nimmt man uns zugleich auch einen wesentlichen Teil unserer Weiblichkeit und unserer Würde.